Was ich mir gerade nicht leisten kann.
23. März 2023Gurken sind teurer geworden, meine Baustelle ebenso, von Chanel-Handtaschen will ich gar nicht erst anfangen.
Rezession hitting hard.
Die Vorhänge, die ich am liebsten vor meine neuen Fenster hängen würde, dickes, butterweiches belgisches Leinen, das in fürstlich opulenten Falten auf den Dielenboden trifft, haben den Wert eines Kleinwagens.
Ihr dachtet, Gurken seien kostspielig?
Geht Vorhänge einkaufen.
Gurkensalat schmeckt mir im Winter sowieso nicht, Chanel Handtaschen sind überbewertet, der belgische Vincent Van Duysen-Chic muss warten.
Das kann ich mir gerade nicht leisten.
Selbst wenn der Konjunkturaufschwung vor der Türe steht, gibt es noch Einiges, das ich mir nicht leisten kann.
Dazu gehört Folgendes:
1. Unvergebenheit.
Ganz egal, wie übel mir jemand mitgespielt hat und wie sehr ich das gute Recht hätte, vorwurfsvoll zu sein:
Ich finde, ich kann es mir nicht leisten, jemandem nicht zu verzeihen.
Egal, wie unfair, ungerecht, gemein er zu mir war.
Nun, ich könnte schon.
So wie ich durchaus die gesamten Mahlzeiten der nächsten Jahre in 100 Meter belgisches Leinen tauschen könnte.
Man muss eben mit den Konsequenzen leben.
Mit ziemlicher Sicherheit könnte ich einige Monate lang mit Bananen und Nudeln mit Fertigsoße überleben, aber die Folgen der Mangelernährung würde ich ebenso zu spüren bekommen.
Gewiss könnte ich auf mein Recht, sauer und verletzt zu sein, bestehen, aber ich will nicht eine verbitterte Frau werden.
Ich möchte niemand sein, der vom Leben gezeichnet, von den Mitmenschen enttäuscht, voller versteckten Groll und Schwere seinen Alltag gerade noch so bewältigt.
Jemand, der manche Personen bewusst meiden muss, weil sich die innerlich gesammelten Vorwürfe sofort entladen würden (vielleicht nur innerlich bei einem selbst, aber das reicht schon).
Der Preis für’s Beleidigtsein ist für mich persönlich einfach zu hoch.
Ich kann mir das nicht leisten.
2. Selbstmitleid.
Das Ausmaß an Gelegenheiten, in denen man das Angebot zum Selbstmitleid erhält, ist lächerlich groß.
Man findet IMMER jemanden, dem es scheinbar besser geht und der es einfacher im Leben hat.
(Notfalls wird er einem auf Social Media präsentiert, falls lokal und regional nicht verfügbar).
Ich verrate euch etwas:
Das stimmt.
Es gibt Menschen, die liebevolle Eltern und einen fürsorglichen Partner haben, welche ihnen die Welt zu Füßen legen.
Mit unterschiedlichen finanziellen Voraussetzungen hat man völlig unterschiedliche Möglichkeiten.
White und Pretty Privilege sind real, Männer haben es einfacher als Frauen.
Zu behaupten, alle hätten die gleichen Chancen, ist illusionär.
Und das sind nur die grundsätzlichen Voraussetzungen – von den persönlichen Herausforderungen wie Krankheit, finanzielle Schwierigkeiten, Traumata und allgemein blöd gelaufenen Situationen ganz zu schweigen.
All‘ das sind hervorragende, für jeden nachvollziehbare und verständliche Gründe, sich selbst zu bedauern.
Zumindest ein wenig.
Dennoch will ich mir Selbstmitleid nicht leisten.
Selbst wenn es angebracht wäre.
Noch mehr als all das Schlimme, Ungerechte hasse ich es, ein zu bemitleidendes Opfer zu sein.
Selbst wenn das Mitleid nur von mir selbst kommt.
Keiner kann mich dazu zwingen, ein schwaches, benachteiligtes Selbstbewusstsein an den Tag zu legen, keine noch so dumme Situation, keine Person, keine Enttäuschung.
Ich will nicht als armes Mäuschen ins Bett gehen und mit dem Gefühl aufwachen, wie schlimm alles ist und wie sehr ich jetzt deshalb leiden muss.
Auch wenn ich das selbstverständlich jederzeit darf und keiner mich deswegen schimpft und all das.
Damit sage ich nicht, dass es keine unfairen Situationen gibt, aus denen ich momentan keinen Ausweg weiß und die durchaus das Potenzial zum Selbstmitleid hätten.
DAS HABE ICH NICHT GESAGT.
Man muss dem schimmeligen Kuchen keinen Zuckerguss verpassen.
Ich darf mir durchaus einen Heultag leisten, jeder hätte Verständnis.
Ich. Will. Nur. Nicht.
Ich will meine glasklare, wunderschöne Autorität nicht gegen (nachvollziehbares) Selbstmitleid eintauschen.
Schließlich kann die Liebe jede noch so aussichtslos wirkende Situation in einem Augenblick verändern, zu meinen Gunsten drehen und am Ende ist alles noch viel schöner als jemals zuvor gedacht.
Das will ich lieber glauben, anstatt mich in Selbstmitleid zu baden.
Dazu will ich stattdessen stehen.
Diese Tatsache schmälert in keinster Weise mein Mitgefühl für Menschen in Schwierigkeiten.
Ganz im Gegenteil habe ich dadurch jederzeit den Kopf und das Herz frei, anderen wirklich weiterzuhelfen, weil ich nicht mit eigenem (Selbstmit-)Leid beschäftigt bin.
Ich kann doch unmöglich voller Selbstmitleid durch die Gegend laufen, wenn es um mich herum so viele Menschen gibt, die ich inspirieren, lieben, stärken und unterstützen kann?
Eben.
Deshalb kann ich mir es nicht leisten, mich selbst zu bedauern – der Preis ist einfach zu hoch.
3. Lethargie.
Wetterumschwung, Hormone, handfeste Herausforderungen, Vergangenes, schlecht geschlafen, „Viel los zur Zeit.“, „Man ist auch nicht mehr der Jüngste.“:
Es gibt immer genügend Gründe, sich gehen zu lassen.
Obendrauf spielt es keine so große Rolle, ob man gründlich und regelmäßig aufräumt, auf sich achtet (innerlich UND äußerlich) und sein Leben energiegeladen führt, denn was hinter deiner Haustüre passiert, geht sowieso keinen an?
Außerdem muss man sich auch mal entspannen können, sonst landet man im Burnout.
Das alles entspricht absolut der Wahrheit, nur:
Ich will mir einen energielosen, trägen Alltag nicht leisten.
Mein Alltag ist schließlich mein Leben – und was für ein Vorbild wäre ich dann für alle um mich herum?
Es mag sich großspurig lesen, aber ich bin mir meiner Verantwortung bewusst:
Der für meine Kinder, meine Angestellten, meine Leser und Follower.
Am einfachsten ist es doch immer, wenn man ein authentisches, lebendiges Beispiel hat, an dem man sich orientieren kann?
Jemanden, der so viel Energie, Lebenslust und Tatendrang ausstrahlt, dass man ihm gerne folgt – man bucht doch auch lieber einen Bergführer, der sich auskennt?
Seht ihr, DESWEGEN kann ich mir keine Trägheit leisten.
Ich will nicht in Emotionen umherdümpeln, die mich lähmen und beschweren.
Sollten diese Emotionen aufgrund von Situationen oder Personen entstanden sein (okay, ist eigentlich immer der Fall), treffe ich klare Entscheidungen und räume auch da auf, kein Problem.
Selbst wenn das kurzzeitig bisschen unangenehm ist – der Preis für’s „alles so lassen, wie es ist.“ ist zu hoch.
Ich kann mir das nicht leisten.
Meine Verantwortung geht sogar noch weiter – ich bin dafür zuständig, jedem, dem ich begegne, so viel Lebensfreude, Hoffnung und Liebe zukommen zu lassen, wie es nur überhaupt geht (fragt mich jetzt nicht, wie das praktisch aussieht, habe auch keine Ahnung).
Dass ich das nur tun kann, wenn ich nicht geistesabwesend gleichgültig durch die Gegend schlürfe, ist uns allen klar.
*Pro-Tipp:
Wenn jemand mit 3. immer wieder Schwierigkeiten hat, sollte er bei 1. und 2. nachschauen.
Träge ist man oft, wenn man schwer tragen muss.
Ob feinste Leinenvorhänge in fünfstelliger Preishöhe meine zukünftigen Fenster zieren, ist am Ende nicht so wichtig.
Die anderen Dinge dagegen sind für mich überlebenswichtig.
Ich will und werde sie mir nicht leisten.
Nicht beim baldigen Wirtschaftsboom und never.
Liebesgrüße
Joanna
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