Alle Jahre wieder.
Neben Zimtsterne-Rezepten und unrealistisch langen Wunschlisten existiert jederzeit parallel ein weniger glamouröser Teil der Weihnachtstage.
Der Teil ohne Glitzer und Glühwein.
Der Teil ohne Lichterketten und Liebe am Fest der Liebe.
Ein stressiger, deprimierender, hässlicher Teil.
Wenn überhaupt, wird über diesen kurz gejammert, sich mit „Aber demnächst/nächstes Jahr wird es ruhiger/schöner/anders, jetzt nur noch kurz durchhalten.“ getröstet, anschließend seufzend in Kauf genommen und selbstredend im nächsten Jahr wiederholt.
Überhaupt nichts wird einfach so nächstes Jahr ruhiger, schöner oder anders.
Das Umstände-Szenario mag sich irgendwann ändern, die Herausforderungen werden angepasst.
Es hört nicht auf.
Will man dem entkommen, kann man Weihnachten als Ganzes ablehnen (und auf Bali oder im Kloster verbringen, beides für die Wenigsten eine realistische Option) und gar nicht erst feiern.
Von Vermeiden halte ich nicht viel, ich will die Dinge lieber meistern.
Feiern ist etwas Schönes.
Außerdem kann ich jetzt nicht nach Bali, ich muss Vorhänge kaufen und die Workshops vorbereiten.
Wer ebenso lieber Meistern statt Meiden wählt:
Mir nach.
Ganz egal, ob Weihnachten dir aktuell Bauchschmerzen verursacht oder es seit 20 Jahren nie anders war, heute ändert sich das für dich.
Wenn du willst, ändert es sich für immer.
Wenn dein diesjähriges Weihnachten das schönste deines bisherigen Lebens werden soll, dann wirst du einiges entsorgen müssen.
So, wie keiner sein Zuhause genießen kann, wenn sich gleichzeitig eine unangenehme Person darin befindet, so kannst du nicht erwarten, eine gute Weihnachtszeit zu haben und gleichzeitig alles beim Alten zu lassen.
Manches davon ist nur wenig unangenehm (wie z.B. die Schwiegermutter, die zwar keine böse Person ist, aber in deren Nähe man sich nicht wirklich wohl fühlt), anderes ist sehr störend bis zerstörerisch (wie ein Einbrecher mit Gewaltpotenzial).
Erst, wenn das aus dem Haus ist, ist echter Genuss möglich.
Und was im Dezember aus dem Haus, Hirn und Herz entsorgt gehört, sind Dinge wie:
1. Romantik.
An nur wenigen Anlässen gibt es so exakte Vorgaben, wie man sich zu fühlen hat, wie am Weihnachtsfest.
Willkommen. Geliebt. Magisch. Besonders. Festlich. Gemütlich. Glamourös. Verwöhnt. Einzigartig. Friedlich. Emotional. Wohl.
An jedem anderen Tag im Jahr kann man selbst frei wählen, wie man sich fühlt (Hochzeits – und Geburtstag ausgenommen), aber an Weihnachten gibt es diese. eine. exakte. Weihnachtsstimmung.
Wenn man diese nicht erzeugen oder nicht halten kann, ist es nun mal „kein schönes Fest“.
Selbst, wenn man die Weihnachtsstimmung nicht wirklich beschreiben kann, weiß jeder (!), wie sie sich für ihn anfühlen muss.
Diese nicht wirklich definierbare Weihnachtsstimmung wird von Generation zu Generation weitergegeben und auf allen Sinnesebenen seit der frühesten Kindheit bespielt: Vom A wie Adventskalender-Überraschungseffekt bis Z wie Duft der Zimtsterne-Plätzchen.
Weihnachtsfilme und Astrid Lindgren helfen mit, diesen besonderen Zauber zu kreieren:
Niemals ist alles so schön wie an Weihnachten.
Unterschätze nicht, welche tiefe Prägung das in jedem hinterlässt.
Die Weihnachtszeit als eine einzige positive Gefühlsorgie (mit einem Gefühlsorgasmus an den Feiertagen).
„Aber Joanna, was ist verkehrt daran? Warum soll man sich nicht gut fühlen?“
Um dieses ominöse (Kindheits- und/oder Weihnachtsfilm-) Gefühl zu halten, braucht es jedes Jahr einen schier unermesslichen Aufwand und ein genaues Zusammenspiel der Umstände.
Sollte das gerade bei dir klappen, hast du beste Zeit.
Sollte das mal nicht funktionieren (und wann tut es das schon?), ist der Frust umso größer.
Überall da, wo großes Potenzial für gefühlsmäßiges High ist – ist das größte Potenzial für gefühlsmäßiges Low.
Wenn also zur Weihnachtszeit keine finanziellen Mittel, kein schönes Zuhause, keine liebende Person und auch sonst weit und breit nichts Festliches, Magisches, Gemütliches, Glamouröses, Verwöhnendes zu haben ist, dann ist es schnell vorbei mit der guten Laune.
Trennung, Scheidung, Krankheit, finanzieller Engpass, sonstige Umstände: Game Over für Christmas Magic.
Kein Zauber, kein Glanz, kein Gefühl.
DAS ist die hässliche Seite.
Ja, es ist sonst auch schlimm. Aber dann an Weihnachten eben bisschen schlimmer.
Single zu sein mag an allen anderen Tagen kein Nachteil sein – aber unter dem Mistelzweig keinen küssen zu können, macht einen den doch bisschen traurig (und das, wo doch jeder weiß, dass man laut Hallmark-Movies spätestens an Weihnachten die Liebe findet).
Wenig Geld zur Verfügung zu haben ist an sich schon nicht angenehm – aber an Weihnachten deprimiert es einen noch viel mehr.
Dass die Kinder sonst einen kaum besuchen, geht ja noch, aber dass sie sich nicht mal an Weihnachten melden?
Dass Opa vermutlich bald sterben wird, fühlt sich miserabel an, aber dass es Opas letztes Weihnachten sein könnte…
Alles, was ein Weihnachtsfest NICHT schön macht, ist die romantische Vorstellung, wie es „richtig“ ist.
Dass diese romanische Vorstellung mit enorm viel zeitlichem und finanziellem Aufwand zu erschaffen und dauerhaft unmöglich zu halten ist, was Enttäuschung und Traurigkeit vorprogrammiert – das wird ausgeblendet.
„Aber Joanna, soll ich dann auf diesen emotionalen Weihnachts-Zauber verzichten?“
Ja.
Komplett.
Diese gefühlsmäßige Stimulation ist in Wahrheit ein Schein, eine Fata Morgana des Guten.
Nur, weil sich etwas vorübergehend gut anfühlt, ist es noch lange nicht gut.
Nur, weil etwas mit Glitzer bestreut wurde, ist es noch lange nicht strahlend schön.
Solange du dieses High zelebrierst und nach Kräften alles tust, um es zu erzeugen – so lange bist du dem Low ausgeliefert, sollte es mal nicht klappen.
„Aber Joanna, darf ich dann nicht mehr Weihnachten feiern?“
DAS HABE ICH NICHT GESAGT.
Du kannst so viel schmücken und backen und basteln und schenken, wie es dir Freude bereitet.
Aber eben ohne emotionalen, melancholischen, erwartenden („Ich mache so viel für andere, wann macht jemand was für mich?„) Vibe dabei.
Nur, wenn man sich von diesem (schönen!) Weihnachtsgefühl verabschiedet, kann man mühelos happy bleiben, wenn es aufgrund von äußeren Umständen nicht umsetzbar ist.
Anders geht es nicht.
Hast du diese Stimmung sehr lieb gewonnen (und das haben die Allermeisten, ist normal), dann wird es dir anfangs eher nüchtern-neutral oder fast emotionslos kalt vorkommen.
Während der Weihnachtszeit sind alle emotionssüchtig.
Manche wollen ihre geliebte Gefühlsschwelgerei überhaupt nicht verlassen ;).
Ist ja auch egal, was manche wollen oder nicht – aber wenn du dein schönstes Fest feiern möchtest, wirst du mit diesem Ballast nicht weit kommen.
Noch etwas:
Zur Weihnachtszeit-Romantik gehört für einige Religion.
Ein bestimmtes emotionales Empfinden, das sich nur im Weihnachtsgottesdienst/Messe oder am Heilig Abend einstellt (nur dann ist es „richtig“ und das „gehört dazu.“, weil „deswegen feiern wir Weihnachten.“)
Lass‘ es einfach.
Deine Religion in Ehren, aber Gott feiert weder Weihnachten, noch hat er im Dezember Geburtstag, noch etwas mit Ochs und Esel am Hut.
Kein Engel ist pausbäckig mit lockigem Haar, kein Sohn Gottes ein niedliches Baby.
Das ist alles Kitsch. Auch Gefühle, nur halt religiöse.
Wenn wir sowieso schon ausmisten, kann auch das weg.
2. Besinnlichkeit.
Ihr nennt es Besinnlichkeit, ich nenne es Depression.
Dieses Innehalten während der Weihnachtszeit und in den Gedanken Verweilen, dieses In Sich Gehen – was soll das genau sein?
Das Denken an alle, die von uns gegangen sind (also gestorben), das Erinnern an das vergangene Jahr und Bewegen der vergangenen Ereignisse – bringt was genau?
Also außer Melancholie, trüben Gedanken und traurig-schönen Emotionen?
Ich weiß, dass einige es LIEBEN, diese vermeintlich schön-traurige Emotionen zu bewegen.
Die meisten deutschen Weihnachtslieder haben eine deprimierende, schwere Energie.
Es darf natürlich jeder so viel traurig sein, wie er will, aber wer den schönsten Dezember seines Lebens haben will, der wird damit aufhören.
Für eine Liebesbotschafterin heisst „schön“ nicht „schwer, gefühlsbeladen, wehmütig.“
„Schön“ ist für dich frisch. Klar. Stark. Leicht. Fröhlich. Beschwingt.
Alles andere ist nicht unser schön.
3. Konsum.
Ich will keinem seine Wunschliste verbieten. Ganz im Gegenteil.
Beschenke dich und deine Liebsten zu Weihnachten so sehr, wie du es magst und so weit deine finanziellen Mittel reichen.
Für eine Liebesbotschafterin gilt:
Mag deine Wishlist so lang wie der Mohair Schal von Loewe sein – ist das Geld hierfür gerade nicht verfügbar, dann bist du bereit, im nächsten Moment alles wieder zu verwerfen und ohne einen einzigen Kauf und ohne jegliches „Ich kann mir nicht eine Sache leisten“ – Selbstmitleid das schönste Fest zu haben.
Du kannst dir jederzeit etwas gönnen und kannst ebenso jederzeit großzügig darauf verzichten.
Ich bin mit Sicherheit kein geiziger Sparer, der vor Existenzangst getrieben jeden Cent zur Seite legt.
Und dennoch muss ich keinen unrealistischen Wünschen nachtrauern.
Es ist schön, etwas Schönes zu kaufen.
Schön, glücklich zu sein, ohne etwas kaufen zu müssen.
4. Stress.
Man muss nicht im Einzelhandel arbeiten, um im Dezember an die Belastungsgrenze zu kommen.
Es reicht schon, eins bis drei Kinder zu haben, eine Arbeitsstelle, zwei Weihnachtsfeiern (eine im Kindergarten, die andere im Turnverein), einen Elternabend zum Ende des Schulquartals, eine Erkältung (man selbst und/oder Kind) UND OBENDRAUF:
Das Haus weihnachtlich zu dekorieren, einen bis drei Adventskalender zu besorgen, das Festmenü zu planen und zuzubereiten, Weihnachtsgeschenke zu kaufen, festliche Kleidung zusammenzustellen, die Wohnung zu putzen und adventliche Aktivitäten (die Kinder sollen schließlich eine schöne Adventszeit haben?) wie Schlittschuhlaufen, Weihnachtsmark Besuch, Schlittenfahren, Bastelnachmittag und Plätzchen Backen durchzuführen.
Sorry, habt ihr den Nikolausstiefel schon befüllt?
Das kommt noch ZUSÄTZLICH.
Die Menge an Aktivitäten, Verpflichtungen und Terminen im Dezember (Pardon: an nur vierundzwanzig Tagen! Nicht an dreissig, wie üblich) gleicht dem Wahnsinn.
Keiner kann ernsthaft glauben, man würde das mal eben ganz selbstverständlich entspannt hinbekommen.
Und doch gehen alle selbstverständlich davon aus und nehmen diesen Anspruch ganz selbstverständlich an, weil Achtung: sonst ist es nicht „richtig“.
Für dich gibt ab sofort:
Du magst keine einzige klassische weihnachtliche Aktivität machen: Es ist dennoch richtig.
Du bist richtig.
Dein Dezember ist richtig und wunderschön.
Tausend mal lieber keinen einzigen Schluck Punch trinken und in einen gekauften Lebkuchen beißen, als einen saisonalen Burn Out haben.
Tausend mal lieber Verwandte enttäuschen und sich auf keiner Schul-/Firmen-/Weihnachtsfeier blicken lassen, aber stattdessen Zeit und Muße zum Genießen haben.
Tausend mal lieber die imaginäre „Dezember To Do-Liste“ verwerfen und selbstbestimmt wählen, was man tun will (wie in den restlichen Monaten im Jahr).
Erst, wenn du Zeit hast, kannst du genießen.
Das wird immer so sein.
Und damit du Zeit hast, musst du dir diese zeit NEHMEN – sonst nehmen sie andere von dir.
Andere Menschen, andere Termine, andere Erwartungen.
Am Ende wird dir keiner einen Orden verleihen, weil du in diesem Jahr schon 2 Mal auf dem Weihnachtsbazar geholfen hast.
Aber jeder wird eine entspannte Person in seiner Nähe wertschätzen.
5. Einsamkeit.
Ein besonders fieser Twist an dem ganzen Weihnachtszirkus Weihnachtszauber besteht daraus, dass einiges an der Romantik (siehe dazu Punkt 1) sich tatsächlich am besten mit einem Partner umsetzen lässt.
Die Zweisamkeit an den Festtagen, der Überraschungseffekt beim Schenken, die Nähe und Gemütlichkeit, die liebevolle Zuwendung – kommt schon, wir müssen uns nichts vormachen.
Hat man einen Liebsten, dann ist das Fest „richtig“.
Hat man keinen, dann ist Weihnachten nicht ganz so schön.
Du kannst mir glauben:
Eine Million mal lieber alleine, als mit der falschen Person.
Lieber Peace of Mind statt Heuchelei und einen auf „glückliche Familie“ tun.
Am Festdinner lächeln, obwohl einem eher nach Weinen ist.
Eine Fassade aufrechterhalten, damit die Kinder ein schönes Weihnachten haben.
Ich gönne jedem seine glückliche Beziehung (Betonung auf „glücklich“), aber solltest du das Fest ohne Partner verbringen:
Genieße es, so fest du kannst.
Ohne Heuchelei, ohne fremde Erwartungen, Wünsche oder Einschränkungen.
Lasse dir nicht einreden (auch nicht von eigenen Gedanken!), dass es „schon schön, aber mit Partner wäre es so viel schöner.“ – ist.
Weihnachten ist vielleicht das Fest der Liebe – und deshalb ist es unser Fest.
Nicht Liebe als Romantik, sondern Liebe als Würde, Größe, Schönheit, Stärke.
Liebe als Du.
In diesem Jahr gestaltest du dein Weihnachten so, wie wenn du noch nie einen Weihnachtsfilm gesehen hättest.
Noch nie eine weihnachtliche Werbekampagne geschaut oder einen weihnachtlichen Liebesroman gelesen.
Du bestimmst nicht nur, was du tust – du legst auch fest, wie du dich dabei fühlst.
Dein Weihnachten in diesen Jahr wird schön sein.
Echt. Wahr. Leicht. Beschwingt.
Liebe. Größe. Schönheit. Stärke. Du.
Liebesgrüße
Joanna
Susan Casty
5. Dezember 2023 at 10:56.. du bringst es einmal mehr auf den Punkt.
Sehr schön geschrieben..
Eine beschwingte Adventszeit wünsche ich dir 😉
Elke
5. Dezember 2023 at 10:57Das kam gerade zur rechten Zeit, ich verbringe in diesem Jahr das erste Mal Heiligabend ganz alleine und schwanke zwischen Freude, den ganzen Zirkus nicht mitmachen zu müssen und alles so für mich zu gestalten, wie ich es gerne hätte (bis hin zum kompletten Ignorieren des Festes) und Nostalgie beim Gedanken, wie es früher war oder wie es mit Partner sein könnte.
Danke, liebe Joanna!
Elke
Kim
5. Dezember 2023 at 11:02Der Text hat mich voll erwischt. Die letzten Jahre schon bin ich extrem unzufrieden damit, wie es ist. Ich hatte tatsächlich sogar schon überlegt, „Weihnachten an den Nagel zu hängen“. Als mir das bewusst wurde, sagte ich mir, dass sich etwas ändern muss, und ich hätte es beinahe wieder auf „Nächstes Jahr wird es endlich so, wie ich will“ geschoben. Schluss damit! Jetzt wird ausgemistet, und alles wird über Bord geworfen, was unglücklich macht. Danke, Joanna.
Heike Lemanzyk
5. Dezember 2023 at 11:53Danke! Du sprichst mir aus dem Herzen. Nur du kannst es so treffend schreiben ❤️
Susanne
5. Dezember 2023 at 13:44Aber wie schaffe ich es die ganzen Erwartungen loszulassen… Ich hänge an ihnen fest und zu beschließen alles zu ignorieren funktioniert im Kopf, aber nicht im Herz…
Joanna
5. Dezember 2023 at 19:55Würde mich nicht unter Druck setzen, das möglichst schnell zu schaffen. Schritt für Schritt, das braucht bisschen ❤️.
Sonja Steinhanses
5. Dezember 2023 at 16:29Noch ein Tipp: Direkt vor Weihnachten ein paar Tage Wellness. Man bekommt den richtigen Abstand vom Trubel und hat Zeit für sich selbst.
Ulrike
5. Dezember 2023 at 16:40Einfach genau Danke für genau diesen Text an genau diesem Tag! Famos!
Petra von FrauGenial
5. Dezember 2023 at 16:49Danke das Du es so offen aussprichst und alleine mit den Worten hilfst nicht komplett durchzudrehen. Ich habe erst vor einigen Tagen bemerkt, dass ich bis auf einen Adventskalender kaum an Weihnachten gedacht oder getan habe. Weder einen Tannenbaum, noch Adventskranz noch Weihnachtsmenü, Weihnachtsmärkte, und Weihnachfeste, und, und und, geschweige wie ich die Weihnachtstage verbringen werde habe ich einen Gedanken verschwendet. Und bevor ich mich schlecht gefühlt habe, hast Du es wieder genommen. Danke!
Waltraud
5. Dezember 2023 at 17:07Wirklich sehr gut geschrieben. Ich habe mich dieses Jahr von meinem Mann getrennt und werde zum ersten Mal seit meiner Kindheit alleine sein. Aber genau die Sachen haben mich gestört. Geschenke besorgen, putzen, einkaufen, vorbereiten und für drei Tage kochen, mittags, nachmittags und abends. Nein danke. In die Christmette gehen und dieses gefühlsmäßige Getue. Manchmal hätte ich am liebsten in der Kirche geweint. Alle schienen glücklich zu sein, nur ich nicht. Nun sitze ich hier alleine. Nicht nur ohne Mann, auch ohne Kinder. Denn die sind beim Vater. Ich weiß noch nicht, ob ich es ausfallen lasse, bin hin und her gerissen. Danke für die aufmunternden Worte.
Mel
6. Dezember 2023 at 7:13Alles Liebe für dich. Du schaffst das! Mir ging es vor zwei Jahren genauso. ♥️
Susanne
5. Dezember 2023 at 18:08Liebste Joanna, du sprichst mir (wie immer) aus dem Herzen. Irrsinn, dass es so Skripte gibt, was „man“ wann tun oder lassen oder wie man sich fühlen muss. Da ist es doch kein Wunder, dass bei vielen Menschen Stress, Unsicherheit und ein Gefühl der Unzulänglichkeit hervorgerufen wird. Am liebsten würde ich deine Texte auf Flugblätter drucken oder vor der Tagesschau vorlesen lassen, damit die Menschen sich von all dem Quatsch befreien können. Viele Grüße, Susanne
Julia
6. Dezember 2023 at 7:49Das mit der Tagesschau ist eine tolle Idee!
Kathrin
5. Dezember 2023 at 18:55Großartig! ❤️
Alexandra
5. Dezember 2023 at 21:13Bester Post, der jemals über Weihnachten geschrieben wurde!
“ Deine Religion in Ehren, aber Gott feiert weder Weihnachten, noch hat er im Dezember Geburtstag, noch etwas mit Ochs und Esel am Hut.”
Elke
5. Dezember 2023 at 21:14Du schreibst auf, was ich seit Jahren lebe… und es tut sooo gut! Leute, wenn ihr mit dem ganzen Getue unglücklich seid, dann hört auf Joanna… sie hat so Recht… ENTRÜMPELT und macht Weihnachtsdetox!!!
Christine
6. Dezember 2023 at 8:10Danke!
Ganz genau so ist es.
Ich bin aufgewachsen in einer Familie, in der es Plätzchenbacken, basteln und selbstgemachte Adventskalender und an Weihnachten ein Familienfest gab. Und eine Mutter, die die ganze Zeit über gestresst und genervt war und die kurz vor Weihnachten jedes Jahr einen Streit mit meinem Vater begann, weil er sie zu wenig im Haushalt und bei alle ihren Vorbereitungen unterstützt und sowieso nichts richtig machen konnte. Ich hatte als Kind immer Angst vor diesem Streit, der jedes Jahr so sicher kam wie das Amen in der Kirche…
Meine Kinder sind nun erwachsen und wenn ich zurückblicke, war ich eine ganz ähnliche Mutter für meine Kinder. Weil ich dachte, das gehört eben alles dazu zur Weihnachtsvorfreude und weil ich unterschätzte, welchen Einfluss meine Gestresstheit auf meine Kinder hatte.
Ich habe die Vergangenheit abgehakt, Selbstvorwürfe bringen sowieso nichts und ich wusste es damals nicht besser. Aber ich habe gemerkt, wie gefährlich dieses gesellschaftlich akzeptierte Mindset ist und ja, man müsste diesen Artikel auf Flugblätter drucken und auf allen Weihnachtsmärkten, Shopping-Malls und Weihnachtsfeiern verteilen. Damit es vielleicht irgendwann andere Vorbilder gibt in Familien, die so ticken wie meine Herkunftsfamilie.
Meine Mutter macht heute noch jedes Jahr einen selbstgebastelten Adventskalender für meine inzwischen erwachsenen Kindern. Und es ist ihr ganz wichtig, dass die Tradition an Weihnachten erhalten bleibt und dass alle am ersten Weihnachtsfeiertag zum Feiern zu ihr kommen. Dort gibt es dann einen Tag lang leckeres Essen, oberflächliche Gespräche, die „Harmonie“darf auf gar keinen Fall durch irgendetwas gestört werden, und sei es auch nur eine Verspätung durch einen der Gäste um fünf Minuten oder dadurch, dass einer es wagt, ein politisches Thema anzusprechen – das wird sofort durch einen strafenden Blick oder notfalls auch durch „Darüber wollen wir jetzt aber nicht sprechen“ unterbunden. Man hat sich natürlich schick anzuziehen, der strafenden Blick kommt auch, wenn man hier nicht den Erwartungen entspricht. Einen Tag „Heile-Welt-spielen“, sozusagen auf Teufel-komm-raus. Und wehe, jemand brachte Unordnung in ihre detailliert geplante Vorstellung davon, wie Weihnachten zu sein hatte.
Den Rest des Jahres hat sie keinen Kontakt zu meinen Kindern, außer an den Geburtstagen, weil sie sich nicht wirklich für sie als Menschen interessiert. Aber an Weihnachten muss der Schein gewahrt bleiben.
Ganz anders meine Schwiegereltern, mit denen wir Weihnachten bis zu ihrem Tod gefeiert haben. Wir haben uns gemeinsam überlegt, was wir schön finden. Deshalb waren wir am Spätnachmittag immer zusammen im Wald, mit Fackeln, Plätzchen (meine Schwiegerelten, die sehr liebe Menschen waren und für alle ein offenes Ohr hatten, bekamen aus der Nachbarschaft immer massig selbstgemachte Plätzchen geschenkt), Glühwein und Liederbüchern. Wir machten ein Feuer an der Grillstelle, lasen eine Weihnachtsgeschichte und sangen, tranken Glühwein und Kinderpunsch und aßen Plätzchen. Danach gingen wir heim, aßen ein schnell zubereitetes Weihnachtsessen, öffneten die Päckchen und fühlten uns einfach wohl miteinander. Wer sich festlich anziehen wollte zog sich nach dem Waldspaziergang kurz um, wer sich nicht umziehen wollte, hatte die ganz normale Alltagskleidung an. Es spielte keine Rolle.
Die Plätzchen und der Glühwein und selbst die Fackeln waren ein nettes Zubehör, aber die Essenz war der gemeinsame Spaziergang im Wald, die Verbundenheit mit der Natur und miteinander.
Meine Schwiegereltern sind leider verstorben und ich weiß nicht, ob wir weiterhin als nun kleine Familie in den Wald gehen werden oder nicht. Aber das ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass man – auch an Weihnachten – so sein darf, wie man ist, und um seiner selbst willen geliebt wird. Auch und zuallererst von sich selbst. Lieber an Weihnachten mit sich selbst zufrieden und alleine sein, als mit Menschen, die einen nur akzeptieren und mögen, wenn man die ihnen zugedachte Rolle ausfüllt. Und was für Weihnachten gilt, gilt fürs ganze Leben 😉
Conny
23. Dezember 2023 at 23:36Danke für’s Teilen, liebe Christine. Frohe Weihnacht! Frohes Leben!
Patricia
6. Dezember 2023 at 9:25Du sprichst mir aus der Seele … Fabulous Text, so wahr und schön.
Ich wünsche Dir eine sehr schöne Zeit liebe Joana
Tanja
6. Dezember 2023 at 10:46Hallo Joanna,
ich finde Deinen Beitrag toll geschrieben und Deine Ansätze teilweise richtig. Allerdings habe ich selten – auch in meiner langjährigen Singlezeit – nicht so empfunden und mich auf das Weihnachtsfest gefreut. Dass vorher nicht immer alles stimmig abläuft, gehörte dazu. In Stress artet es nur selten aus. Ich lasse es gar nicht dazu kommen. Plätzchen backen liegt mir nicht. Dazu fehlt mir die Geduld. Weil meine Familie nicht so groß ist, muss ich auch nicht viele Geschenke besorgen. Die fallen eher im kleinen Rahmen aus. So haben wir es abgesprochen. Wer sowieso gerne Gäste bewirtet, dem ist es bestimmt an einem der Weihnachtsfeiertage nicht zu viel ein 3- (oder-5)-Gänge-Menü zu kredenzen. Die Wohnung weihnachtlich zu dekorieren kann auch Freude bereiten. Bringen die vielen Lichter und Kerzen nicht Wärme in dieser kalten Jahreszeit. Okay, eins muss ich zugeben. Die vielen batteriegeladenen Lichterketten am Ende des Abends auszuknipsen ist schon irgendwie nervig. Wie auch immer. Jetzt mit dem richtigen Partner an meiner Seite macht mir das Weihnachtsfest noch mehr Freude. Es mit dem „Falschen“ zu feiern, da gebe ich Dir vollkommen recht, sollte man sich erst gar nicht antun. Musste ich selbst einige Male erleben. Letztendlich sitzt unsere kleine Familie am Heiligabend beisammen und freut sich auf ein schönes und besinnliches Weihnachaftsfest. Übrigens, um dem Stress entgegenzuwirken, kann ich Yoga nur empfehlen ;-).
Namasté Tanja
Mumbai
6. Dezember 2023 at 12:32Seit ich vor 25 Jahren meinen Wohnsitz in südliche Gefilde verlegte , ist Weihnachten kein Thema. Stimme von 1-5 total zu.
Anja
6. Dezember 2023 at 13:31Wieder ein wunderbarer Text! Danke dafür!
Doris
6. Dezember 2023 at 16:31Wir haben es uns ganz einfach gemacht. Wir haben aufgrund unserer Selbstständigkeit, die besonders im letzten Quartal des Jahres am stressigsten wird, Weihnachten komplett entsorgt. Wir genießen die Tage als freie Tage an denen uns endlich mal niemand stört! Jeder darf tun und lassen was er will, keine Vorgaben, keine Zwänge, keine Besuche. Kein Weihnachten. Herrlich!!!
Katja
6. Dezember 2023 at 19:47Ach weißt Du, man muss nicht alle Traditionen gleich entsorgen. Gegen den sogenannten Weihnachtsstreß hilft oft schon eine entspannte Herangehensweise. Plätzchen bäckt das Kind zBsp genauso gut mit der Omi. Das gefällt beiden. Und ich hab nicht den Aufwand. Alle sind glücklich. Oder das Essen am Weihnachtsabend. Da stehen wir zusammen in der Küche. Mit meinem Bruder mache ich Klöße, die Oma macht das Rotkraut, mein Mann schon einen Tag eher das Fleisch. Die andere Oma macht den Abwasch. Usw. Es ist kein perfektes Menü. Aber darum geht es ja nicht. Ich hab eigentlich weniger Stress als beim normalen Abendessen. Eigentlich muss man sich nur frei machen von Neid auf dass, was vermeintlich andere besitzen oder tolles tun. Tja und die Erinnerungen an früher bzw die Weihnachten der Kindheit sind m.E. mehr als Melancholie. Wir waren 5 Kinder und da gab es keine großen Geschenke. Aber Liebe, die gab es. Und dieses Gefühl des geliebt werdens als Kind, das vergeht nicht. Jedes Mal wenn ich mich an die Kindheit erinnere, kann ich das abrufen. Das trägt mich durch’s Leben. Naja, aber ihr macht das schon. Der Ansatz ist gut. Liebste Grüße
Christine
7. Dezember 2023 at 11:32Klingt sehr schön und entspannt! Die Schlüsselsätze sind ja vielleicht „Und dieses Gefühl des geliebt werdens als Kind, das vergeht nicht. Jedes Mal wenn ich mich an die Kindheit erinnere, kann ich das abrufen. Das trägt mich durch’s Leben.“ Und dann kann man auch Weihnachten in der Familie in diesem Jahr miteinander ganz entspannt genießen.
Wer das als Kind nicht so erlebt hat, der tut sich u. U. schwerer mit Weihnachten und allem, was damit assoziiert wird, und muss vielleicht genauer darüber nachdenken und reflektieren und dann für sich entscheiden, wie er damit (in Zukunft) umgehen will.
Ich durfte ja zwei Seiten von „Familie“ erleben, meine eigene Herkunftsfamilie und die Familie meines Mannes, und in der Familie meines Mannes war Weihnachten automatisch schön und entspannt, ganz unabhängig davon, wie es dann konkret gefeiert wurde. Da machte sich auch niemand einen Kopf oder hatte eine bestimmte Erwartungshaltung, so ein ähnliches Gefühl, wie ich es in deinem Beitrag wahrnehme :-).
Das führt nun zu weit, aber ich glaube, bei dem Thema „glückliche und unglückliche Familie“ lohnt es sich, die Kriegsgeneration und die Erlebnisse damit in der eigenen Familiengeschichte mal näher anzuschauen. Häufig sind Äußerlichkeiten (das ganze Weihnachtsgedöns) auch ein Ersatz für das, was eigentlich fehlt. Und wenn man sich die Erlebnisse der eigenen Eltern anhört, als sie selber Kind waren, dann wundert es einen nicht, dass sie aus einem Mangel heraus agieren. Es lohnt sich immer, mit sich selber Frieden zu machen, aber gerade diese Generation hat das oft nicht geschafft bzw. schafft es nicht. Manchmal bleibt nichts, als das zu akzeptieren, und für sich selber einen anderen, bewussteren Weg zu suchen und zu gehen.
Ich wünsche dir jetzt schon eine schöne Weihnachtsfeier in deiner Familie- die Beschreibung klingt sehr schön 🙂