„Polnische Sommer duften nach Kiefer und schmecken nach frisch gefangenem, gebratenem Fisch.“
Dieser Satz stammt nicht von mir, sondern aus diesem Kochbuch, das ich in der Berliner Ocelot Buchhandlung entdeckt habe – und das ich selbstverständlich sofort kaufte, um es zu dem großen Stapel anderer, wunderschöner und nicht genutzter Kochbücher zu legen.
Statt ein Rezept Zuhause nachzumachen, habe ich beschlossen, den Fisch lieber direkt an der polnischen Küste zu essen.
Das sollte sich als eine ganz großartige Idee herausstellen.
Mittwoch.
Ich lasse die Fenster tief herunter, während das Auto langsam entlang den abgeschiedenen, holprigen Landstraßen Pommerns durch dichte Wälder aus schmalen Birken und hohen Kieferbäumen Richtung Ostsee fährt.
Die Natur scheint unberührt und menschenleer, meine Haare werden vom Fahrtwind zerzaust, ich atme tief ein.
Ich kann es riechen, das Grün, die salzige Luft, den ankommenden Sommer.
Genau zum Sonnenuntergang bestelle ich den Fisch in einer kleinen Fischerbude direkt am Strand.
Er wird mehr frittiert denn gebraten, mit Sauerkraut-Suröwka auf einem Pappteller serviert und schmeckt ebenso fettig wie köstlich.
Mein Rückweg führt über den kleinen Yachthafen, ich laufe in der Dämmerung von entfernten Klängen des Dorffestes begleitet, das alljährlich zur Feier des 1. Mai stattfindet.
„Auf holprigen Straßen durch die Kiefernwälder fahren“ – Playlist:
Like the Old Days – Barry Can’t Swim
I’m God – Clams Casino & Imogen Heap
Sonate Pacifique (feat. Isaac Delusion) – L’Impératrice
Lightenup – Parcels
Wait Up – Roosevelt
Esc (Holding Back) – Model Man
Perspectives – Orbit
Orange Coffee – Rocketman
The world I know – Joey Quinones
Like the Old Days – Barry Can’t Swim
Your Favorite Place – Joey Pecoraro
All of The Time – Jungle
Golden Times (Jim Henderson Remix) – French 79 & Jim Henderson
Donnerstag.
Die Morgensonne füllt die Küche mit dem schönsten goldenen Licht; es gibt weiche Eier von sehr glücklichen Dorfhühnern, Avocado und jede Menge polnische, rauchige, würzige, nach Knoblauch und Majoran duftende Wurst zum Frühstück.
Ich stelle den Bialetti-Espressokocher auf den Herd, selbstredend habe ich sowohl den Liebesbotschaft Kaffee als auch meinen Darjeeling und den Matcha mitgebracht (vermutlich reise ich demnächst mit eigenem Herd inklusive Möbelanhänger, wenn das so weitergeht).
Eine große Tasse Milchkaffee ist die ideale polnische Wurst-Begleitung.
Glich ein Strandbesuch mit drei kleinen Kindern einer 5-Tages-Expedition in den Westen Tibets, braucht es ohne Nachwuchs lediglich eine Decke, einen Bikini, eine Packung Kekse und eine Flasche Wasser.
Ich schlüpfe in eine weiße Hose und ein weißes Top und bin in 5 Minuten fertig.
Der Ostsee-Strand ist weitläufig und menschenleer, der Sand puderzuckerweich, das Wasser eisig und der Strandtag perfekt.
Zum Lunch gibt es Rindertatar mit eingelegten Gurken und Earl Grey mit frischer Zitrone am Nachmittag.
Mein Rückweg führt durch majestätische Baumalleen, die grüne, verwachsene Baumkronen-Tunnel bilden und die kleinen Orte verbinden, in denen die Zeit oft stehen geblieben zu sein scheint.
So idyllisch die Natur ist, so hässlich finde ich meist die Infrastruktur.
The Communism does not age well.
Freitag.
Ich versuche, möglichst auf keine knarzende Diele zu treten, weil außer mir alles noch schläft, als ich pünktlich zum Sonnenaufgang wach werde.
Ich ziehe eine graue Jogginghose und Sneaker an, hole leise den Labrador meiner Eltern ab und laufe lange entlang des schilfbewachsenen Ufers, während die heimischen Vögel ihr schönstes Konzert veranstalten.
Die Szenerie aus sattem Grün, dem glitzernden Wasser und dem Morgenlicht erinnert an ein magisches Märchen.
Der Hund, eine Milliarde Mücken und ich genießen den frühen Spaziergang.
Besonders schön ist es für die Mücken.
Magisches Märchen mit Mücken.
(Alliteration, kann ich.)
Ich verbringe noch ein paar Stunden im weißen Sand der Ostsee, esse Rosól zu Mittag und mache mich auf den Weg nach Berlin.
Nach der Abgeschiedenheit der polnischen Landschaft wirkt die volle Stadt wie ein Kulturschock, den ausschließlich die Blaubeer-Baiser- und Passionsfrucht-weiße Schokolade-Eiscreme von Hokey Pokey kuriert.
Davon bin ich fest überzeugt.
Und vielleicht noch ein kurzer Besuch im Soeur Berlin.
Und anschließend ein Zwischenstopp in der Ocelot Buchhandlung, in der ich neben dem polnischen Kochbuch noch ein Vegetarisches mit Jahreszeiten-Einteilung kaufe.
Das wird sich ebenfalls gut auf dem Stapel der nie genutzten Kochbücher machen (lasst mich. Kochbücher sind für mich Lifestylebücher).
Am Abend gibt es knusprige Garnelen, gegrillte Honig-Spare Ribs, kleine Tacos mit Rindfleisch und jede Menge anderer Thai-Gerichte von Transit, die in kleinen Schälchen serviert werden.
Samstag.
Ich verbringe den ganzen Tag in Mitte und beginne den Morgen mit Smoothies, Porridge und Green Juices von Dalluma.
Die Abwechslung zum „polnische Wurst-Overkill“ tut so gut.
In einer kleinen Seitenstraße entdecke ich das Samurai-Museum und da ich seit Tagen abends eine Folge von Shogun anschaue, macht es besonders viel Spaß, die größte Sammlung authentischer Samurei-Artefakte außerhalb Japans zu entdecken.
Über 4000 einzigartige Exponate, eine riesige Waffensammlung, eine stimmungsvoll gestaltete Ausstellung: ich finde, dass der Besuch sich definitiv lohnt.
Danach stöbere ich in der riesigen Auswahl an Magazinen beim DoYouReadMe, kaufe Salz, Schokolade und Trüffelpaste bei VonUndZuTisch und verbringe sehr viel Zeit bei Vintage Garments mit ihrem einzigartigen Angebot an Vintage Schmuck.
Seit meinem French Bob ist alles, was früher damenhaft aussah, plötzlich cool, lässig und stylish.
Ich brauche jede Menge neuen Statement-Schmuck. Und bunte Seidentücher.
Es war ein sehr teurer Haarschnitt, so insgesamt gesehen.
Danach habe ich riesige Lust auf köstliche Dumplings und einen starken, vietnamesischen Kaffee mit dickflüssiger, süßer Kondensmilch von Yumcha Heroes.
Ich schlendere die Alte Schönhäuser Straße entlang mit ihren kleinen Geschäften und zauberhaften Boutiquen und muss unbedingt noch einen Matcha Tiramisu mit grünem Tee bei Soi&Co. probieren.
Berlin fühlt sich wie Sommer an. Anders als der Meer-Sommer, aber definitiv wie Sommer.
Den erfüllten Tag beende ich mit Steak, Pommes und einem unfassbar guten Dessert von To The Bone.
Sonntag.
Heute möchte ich nur Zimtschnecken mit Himbeeren und weißer Schokolade von Zeit für Brot frühstücken, aus dem Hotel auschecken und schon relativ früh (merke: Berlins Früh ist 9.30 Uhr. Bayerns Früh ist 6.00 Uhr.) auf den Flohmärkten stöbern.
Auf dem Arkonaplatz-Flohmarkt kaufe ich eine alte Leinen-Tischdecke und einen Kaschmirpulli.
An der Straße des 17. Juni entdecke ich handgetöpferte Vasen und Schalen, eine Danish Design Leuchte, ein Mid Century Tee-Service aus massivem Silber, Geschirr von Joe Colombo und zauberhaft verspielte Keramikleuchter mit bunten Papageien.
Mein Highlight ist ein Stand mit kleinen, ungewöhnlichen Antiquitäten aus Japan: Es gibt Indigo-Stoffreste, Lackschälchen und kleine, handbeschriebene Notizbücher aus dem letzten Jahrhundert.
Diesmal kaufe ich nichts, aber alleine das Entdecken ist jedes Mal eine riesige Inspiration für mich.
Nirgendwo finde ich so viele Interior-Ideen wie auf Flohmärkten.
Nach so viel frischer Luft schmecken die Erdbeer-Yuzu-Eclairs von Canal ganz fantastisch.
Ich kaufe noch einen Vorrat für daheim und mache mich auf den Rückweg.
Alle Berlin Mitte Adressen:
Food:
Eisdiele Hokey Pokey/ Torstr. 141
Transit/ Rosenthaler Str. 68
Canal Pattiserie/ Linienstr. 54
Zeit für Brot/ Weinbergsweg 2
Dalluma/ Weinbergsweg 3
Yumcha Heroes/ Weinbergsweg 8
Soi&Co./ Linienstr. 205
To The Bone/ Torstr. 96
Shopping:
VonUndZuTisch/Auguststr. 52
Vintage Garments/ Linienstr. 204
Buchhandlung Ocelot/ Brunnenstr. 181
Buchhandlung DoYouReadMe/ Augusts. 128
Superbazaroo/Mulackstraße 1
Alte Schönhäuser Straße (unzählige Shops)
Rosenthaler Straße
Alle Museen der Museums Insel
Samurai-Museum/ Augusts. 68
Ist nicht mehr Mitte, aber schön zum Stöbern:
Flohmarkt Arkonaplatz
Flohmarkt Straße des 17. Juni
Es war der schönste Roadtrip überhaupt.
Danke, dass ihr mich begleitet habt.
Liebesgrüße
Joanna
viola
9. Mai 2024 at 11:41Merci fürs Mitnehmen
Joanna
9. Mai 2024 at 15:35So gern!
Ateliermichele
9. Mai 2024 at 11:48Geeeeeeenaaaaau diese Art von Liebesbotschafttexten liebe liebe luebe ich!
Joanna
9. Mai 2024 at 15:36Ha ha, danke! Ich muss öfter verreisen ;).
Susanne
9. Mai 2024 at 16:37Danke für die schöne Auszeit, liebe Joanna. Ich habe die Reise sehr genossen
Liebst
Susanne
Joanna
9. Mai 2024 at 20:58❤️!
Lynda Hovens
9. Mai 2024 at 12:14Wasn’t there in reallife but enjoyed your trip BIGTIME just reading about it! Thank you for your playlist, gonna look them all up .
Where are ‚we‘ going next?
Alles Liebe!
Maryvonne
9. Mai 2024 at 12:39Macht große Lust auf einen Roadtrtrip von Land zu Stadt!
Joanna
9. Mai 2024 at 15:39Ja, Playlist geht auch sicher im Süden ;).
Lynda
9. Mai 2024 at 13:26Although I wasn’t there, I enjoyed it BIGTIME only by reading about it! Saved all the music, thank you for sharing .
Where do ‚we‘ go next?
Joanna
9. Mai 2024 at 15:39All over the world!
Heike Zymberi
9. Mai 2024 at 13:48Danke für die liebevollen Zeilen über Deinen Kurztrip… gedanklich bin ich mitgereist und konnte die Eindrücke und kulinarischen Besonderheiten erahnen ☀️
Joanna
9. Mai 2024 at 15:39Liebend gern!
Kathrin
9. Mai 2024 at 14:30Ich bin in deinen Texten mitgereist, mit der Playlist im Ohr. Fühle mich frei, inspiriert und glücklich. Danke Johanna ♥️
Joanna
9. Mai 2024 at 15:38So gern, liebe Kathrin!
Cécile
9. Mai 2024 at 14:43Liebe Joanna,
Wie immer so schön beschrieben! Ich bekomme sogar wieder Lust, einen Tag in Berlin zu verbringen, obwohl ich schon immer eine Hass-Liebe-Beziehung zu dieser Stadt hatte. Mein Mann ist Berliner und wir sind vor 18 Jahren nach Potsdam gezogen.
Das ist aber der Vorteil, wenn Berlin zu viel wird, dann freue ich mich auf meine kleine süße Stadt, brauche aber nur 30 Minuten bis zu Friedrichstraße 🙂
Liebe Grüße,
Cécile
Joanna
9. Mai 2024 at 15:38Finde Potsdam auch zauberhafter, ich verstehe schon ;).
Berlin dagegen wäre auch nicht meins, auch wenn inzwischen 2/3 meiner Kinder dort lebt ;).
Petra
9. Mai 2024 at 15:00Ich freue mich immer so über deine Berlin Tipps, da mein Sohn in Berlin wohnt und ich dann ganz cool sagen. kann: Was, da kennst du noch gar nicht?
Vielen Dank und die schönsten Grüße vom Bodensee,
Petra
Joanna
9. Mai 2024 at 15:37Hahaha, the cool Mum ;).
Marina
9. Mai 2024 at 17:39Liebe Genuss- und Liebes-Botschafterin Joanna,
Genuss ist Liebe – das vermittelt niemand so wundervoll wie du. Dein Roadtrip-Text und die Bilder sind ein Genuss. Ich lebe in Berlin-Mitte und mag die Stadt sehr. Aber Du schickst mir neue Inspurationen mit deinem besonderen, stets genuss- und liebevollen Blick.
So habe ich große Lust bekommen, mit meinen Töchtern – ebenfalls Berlinerinnen – einen Joanna-Berlin-Mitte-Day zu erleben.
Vielleicht fahre ich danach noch an die Ostsee.
Danke für all die Inspirationen, die Klasse und die Wärme!
Marina
Joanna
9. Mai 2024 at 20:58Danke für den wunderschönen Kommentar ❤️!
Melanie
9. Mai 2024 at 18:32Dankeschön! Ein Genuss
Michaela
9. Mai 2024 at 21:33So schön! Schon lange mochte ich mal in Polen Urlaub machen, jetzt noch mehr
Petra von FrauGenial
12. Mai 2024 at 10:58Wir haaaaben zu danken! Ich habe direkt Hunger bekommen, und weiß nicht womit ich als erstes anfangen soll. Ein Frühstück, vielleicht doch schon Kuchen oder so leckere asiatische Tapas! Ich muss definitiv dieses Jahr noch mal nach Berlin!
Britta
13. Mai 2024 at 12:16Danke für eine wunderschöne Auszeit während der Arbeitspause und die Inspiratonen von der Ostsee und der alten Heimat. Sehr schön!
Cornelia Prager
15. Mai 2024 at 9:23Hallo liebe Joanna,
hach, was wieder mal für ein wunderschöner Post!!
In der Frühstückspause mal eben kurz an der polnischen Ostsee entspannt und dann noch ein Trip nach Berlin – soooo schön!
Danke für die tolle Inspiration!!
LG Cornelia
Uta
15. Mai 2024 at 15:52Liebe Joanna, lieben Dank für deine Berlin-Empfehlungen. Seit kurzem wohnt der Kronprinz in Mitte. Da kamen die Tipps wie gerufen. Danke fürs Teilen! Herzliche Grüße, Uta
dina
17. Mai 2024 at 10:58oh wie toll! ich hab nach langem wieder zu dir vorbei geguckt und bin SOOOOSOOOOO happy, dass es wieder texte und fotos gibt. insta war mir immer zu unpersönlich und zu sehr „BÄÄÄM“… danke für den tollen text und die inspiration. du siehst wie immer top aus und ich würde am liebsten jedes outfit nachshoppen. DAS ist der nachteil – joanna besuchen ist teuer 😉 gut, dass du die klamotten dieses mal nicht verlinkt hast. 🙂 🙁 nein, eigentlich schade … aber gut für meinen geldbeutel
dina
17. Mai 2024 at 10:59unhöflich die grüße vergessen und hiermit nachgereicht:
hallo liebste joanna! 😀 und liebe grüße aus der schweiz 😀 von dina
Joanna
20. Mai 2024 at 21:47❤️❤️❤️!